Mit zwei Buell M2 nach Griechenland

Tag 3: Manghen, venetinische Rushhour und Po

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DI: Steinegg-Montagnana = 300 km

Lucky und Rolf, die eigentlich Willis edle X1 wieder zusammenbasteln sollten, wurden aus der Werkstatt gelockt und wir brieten auf den Reifenkanten in die Berge zum Manghen rauf. Eine meiner Lieblingsstraßen, weil sie auf der einen Seite schön eng ist, wenig befahren, mit gutem Asphalt. Sie bietet aber auch Würze durch Überraschungen, wie pötzlich auftauchende, die ganze Straßenbreite einnehmende Wohnmobile, superenge Serpentinen oder Kuhscheiße in Kurven. Oben wurden bei wechselnden Wettern Cappus, Apfelschorlen und Kaminwurzen verdrückt und dem kürzlich verstorbenen Alm-Öhi gedacht, der seit Jahrzehnten in der Freiluftküche die Polenta zubereitete und die knorrigen Wurzelmännchen schnitzte.

Es hört sich einfach knackig an, wenn wenn Buells den Berg runtertoben. Am Ende der südlichen Abfahrt gab es mehrere Abschiedskaffees und dann düsten wir zu zweit weiter, das enge, mit Superausblicken gespickte Kaisersträßchen hoch zum Monte Rovere.

Wenn die ollen Tourenreifen so richtig warmgeknautscht sind, bleibt tatsächlich kein ungenutzter Rand. Da sind sie sogar absolut lieb und melden frühzeitig, wenn sie den Flieh- und Drehmomentkräften nicht mehr gewachsen sind. Kalt jedoch sind sie gar grauslich.

Die Straße durchs kühlere Pasubio bietet sauschnelle, weite Kurven und man schlängelt sich 50 Kilometer fast ohne Verkehr durch den Wald in Richtung Bassano del Grappa. Überwältigend plötzlich waren die Alpen zu Ende und der Blick fiel übers schachbrettartig bebaute Venetien bis fast ans Meer. Eine irre schnelle Abfahrt mit schön weiten Kehren, in denen man wunderbar an Autos vorbeischubbern konnte, führte hinunter in die Ebene, dann kam nerviges heißes Staugefahre über Vicenza und Padua, später etwas aufgelockerter mit netten Landschaftseinsprenkelungen, Weinhügeln und Flüsschen. Gut, dass noch Reste des in Italien selten anzutreffenden Hochoktansprits in den Tanks waren, der die Hitze-Klingelneigung niedrig hielt.

Der überraschende optische Höhepunkt des Tages: Montagnana!

Inmitten einer voll erhaltenen gigantischen Stadtmauer verbirgt sich die Stadt - wie ein kleines Venedig, nur ohne Wasser, dafür auch ohne Touristen, aber genau so schön. Da gibt es nix - hier wird übernachtet! Das einzige Hotel war eine Luxusherberge mit Marmortreppen, Riesenluxusbett und schönem Innenhof. Das musste sein nach diesem Nachmittag auf schnurgeraden Straßen in zersiedelter Gegend.

Die Buells wurden unter dem verwunderten Blick einer englischen Lady im Hof unter Palmen und anderem Ziergehölz geparkt, die Tankrucksäcke in die marmorgeflieste Kemenate getragen und die in großen Zipplocktüten staub- und feuchtigkeitgeschütze "gute" Garderobe angelegt.

Wir finden es einfach witzig, nach "Feierabend" alles, was wie "Beika" aussieht, abzustreifen. Die durch Hartprotektoren unförmigen Lederbuxen landen in der Ecke, das durchgeschwitzte T-Shirt bzw. Body fliegen in die Duschschüssel, die Stiefel werden auf den Balkon verbannt und Petra legt ihr langes Schwarzes an, ich pople die leichte Sommerhose und das weiße Hemd raus. Wiegt alles nix und ist winzig klein. Regelmäßig hat der Rezeptionär den Eindruck, dass die, die da raus gehen, niemals reingegangen sind.

Nach einem angenehmen Stadtspaziergang wurde der Abend bei vielen Camparis bzw. Wein mit Schüsselchen voller Käse, Nüssen und Chips am Hauptplatz verbracht und dem flanierenden Publikum zugeschaut. Kinder spielten rund ums Denkmal Fußball, Autoverkehr fand so gut wie nicht statt, nur Radfahrer radeln vorbei, fast alle mit einem Korb vorne dran. Göttlich, diese Abende als Tourist ohne Touristen!

In der Glotze über der Bar läuft der Wetterbericht von RAI UNO. Überall nördlich von hier fielen die ausschließlichen Regensymbole auf der Europakarte auf.



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